zum Gedenken

Thomas Müntzer

geboren um 1489 in Stolberg (Harz)
Universitätseinschreibung im Jahre 1506 in Leipzig
hingerichtet am 27. Mai 1525 bei Mühlhausen (Thür.)


"Da er vor die Fürsten kam, so wird berichtet, "fragten sie ihn, warum er die armen Leute also verführet habe? Antwortet er trotziglich, er habe recht daran getan, dass er vorgehabt hätte, die Fürsten zu strafen." Der Mann, welcher so "trotziglich" antwortet, weiß, dass es um sein Leben geht. Trotzdem bleibt er seiner Grundüberzeugung treu. Sie lautet: "Dye gewalt sol gegeben werden dem gemeinen volk"

Nichts nimmt er zurück trotz Misshandlungen und Folter. Der Mann heißt Thomas Müntzer. Und obwohl "greulich mit ihm umgegangen wurde" - wie es in einem gegen Müntzer gerichteten zeitgenössischen Bericht heißt - gibt er nur Namen von Kampfgefährten preis, die bereits umgekommen sind.

Schreckliche Händel

Schon 1524 war es in vielen Fürstentümern zu größeren Erhebungen der Bauern gegen die zunehmende feudale Unterdrückerwillkür gekommen. Zum Mittelpunkt des Aufstandes in Nordostthüringen wurde das Lager von Frankenhausen. Die hier versammelten Bauern besaßen zwar mindestens 15 Geschütze und zahlreiche Handbüchsen, doch die meisten Waffen waren selbstgefertigt. Und sie verfügten auch nicht über Reiterei. Der größte Nachteil bestand jedoch darin, dass ihnen jegliche militärische Erfahrung fehlte.

Am 11. Mai 1525 stieß Thomas Müntzer mit 300 Anhängern aus Mühlhausen zu den Aufständischen, die unter der militärischen Führung des Obersten Feldhauptmanns Bonaventura Kürschner standen. Als Prediger bemühte Müntzer sich sofort um die Festigung des Kampfgeistes der 8000 Mitstreiter. Diese forderten in ihren 14 Artikeln unter anderem den Wildbann (das alleinige Recht des Adels auf die Jagd - d. A.) aufzuheben, die Freigabe der Wiesen, der Gewässer und des Holzes für den allgemeinen Gebrauch und die Aberkennung der Titel ihrer Herren.

Die Fürsten hatten schnell erkannt, dass ihnen von den entschiedenen Revolutionären um Thomas Müntzer die größte Gefahr drohte. Philipp I. von Hessen zum Beispiel war zutiefst über das Vorhaben der thüringischen Revolutionäre erschrocken, die feudale Obrigkeit zu beseitigen und deren Güter aufzuteilen.

"Das sind schreckliche Händel, vormals nie gehört", erklärte er. Teilweise ergriff auch die Fürsten Ratlosigkeit, gepaart mit Pessimismus. So schrieb Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen: "Will es Gott also haben, so wird es also hinausgehen, dass der gemeine Mann regieren soll."

Schlacht bei Frankenhausen

Die Feudalherren erholten sich jedoch bald vom ersten Schreck. Da sie ihre ureigensten Interessen bedroht sahen, schlossen sie sich zu gemeinsamen Aktionen zusammen, die recht wirkungsvoll waren.

Die Schlacht bei Frankenhausen ist ein Beleg dafür. Die Fürsten konzentrierten nämlich hier ihre militärische Hauptmacht.

Von Westen rückte das vereinigte hessisch-braunschweigische Heer (Landgraf Philipp 1. von Hessen und Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel) heran.

Das sächsische Heer (Herzog Georg von Sachsen), welches sich am 14. Mai noch mit einem kurmainzischen und einem brandenburgischen Aufgebot vereinigt hatte, näherte sich von Süden.

Außer den Sicherungskräften konnten die Fürsten 2500 gerüstete und schwerbewaffnete Reiter (Reisige), mindestens 4000 Fußknechte und zahlreiche Geschütze einsetzen.

Am Vormittag des 14. Mai dann griff das hessisch-braunschweigische Heer Frankenhausen frontal an. Mit Geschütz- und Büchsenfeuer wehrten 6000 Aufständische diesen Angriff ab. Nach diesem Erfolg, der viel zu hoch eingeschätzt wurde, verließen die Bauern die schützenden Mauern Frankenhausens und errichteten auf dem Hausberg eine Wagenburg.

Der vermeintliche Vorteil dieser erhöhten Position schwand jedoch. Am frühen Morgen des 15. Mai umgingen die hessisch-braunschweigischen Truppen - nur durch Geschützfeuer der Aufständischen gestört - Frankenhausen, vereinigten sich mit dem sächsischen Heer und hatten somit Stadt und Wagenburg eingeschlossen.

Philipp 1. stellte nun seine Geschütze oberhalb des Hausberges nordöstlich von Frankenhausen auf. Schützen verstärkten die Kampfordnung. Die Fürsten forderten die Bauern auf, "den falschen Propheten Thomas Müntzer samt seinem Anhang" lebend auszuliefern. In völlig verschwommenen Formulierungen versprach man ihnen dafür "Gnade". Zur Beratung dieser Forderung bildeten die Bauern einen "Ring" (Form der militärischen Beratung und Beschlussfassung im Bauernhaufen - d. A.). Dadurch entblößten sie ihre Verteidigungsstellung in der Annahme, die Fürsten würden bis zur Entscheidung über das Verhandlungsangebot Waffenruhe halten.

Thomas Müntzer forderte in flammenden Worten zum Kampf auf. Als sich während seiner Ansprache um die Sonne ein Ring in den Regenbogenfarben bildete (so wird berichtet), die ja das Symbol der Fahne der Bauern waren, erblickten diese darin ein Zeichen Gottes für ihren Sieg. Voller Inbrunst stimmten sie den Bittgesang, das Kyrie Eleison (Herr, erbarme dich!) an.

Grausames Gemetzel

Da barsten plötzlich in der dichten Menschenmenge Artilleriegeschosse, aus den Stellungen des Fürstenheeres abgefeuert. Sofort gab es Tote und Verwundete. Reiterei und Fußknechte nutzten die allgemeine Panik und Verwirrung aus, durchbrachen die entblößte Wagenburg und stürzten sich auf die entsetzt fliehenden Bauern, welche hinter den Mauern Frankenhausens Schutz suchen wollten.

Der gefesselte Bauer wiegt schwerer auf der Waage der Gerechtigtkeit als der Ritter (Holzschnitt des Petrarca-Meisters, 1519/1520)

Nur die entschlossensten Kämpfer sammelten sich und leisteten heldenhaft Widerstand. Im Nahkampf mit Schwertern und Spießen wurden sie niedergemacht. Die gepanzerte Reiterei stach, hieb und trampelte alles nieder, was vor die Pferde kam. Zur gleichen Zeit wie die fliehenden Bauern drangen auch die Reiter und Landsknechte in Frankenhausen ein. Wie barbarisch sie dort hausten, hielt der Landgraf von Hessen in einem Brief vom 16. Mai 1525 fest: "Haben auch alsbald mit den Unsern die Stadt angegangen, die auch erobert, und was darin von Mannspersonen befunden, alles erstochen, die Stadt geplündert... und also Sieg erlangt im Verhoffen, damit ein gutes Werk vollbracht zu haben".

Dem grausamen Gemetzel fielen nahezu 6000 Aufständische zum Opfer. Von den 600 Gefangenen wurden 300 unmittelbar nach der Schlacht erschlagen, die anderen 300 in den folgenden Tagen hingerichtet. Seit der Niederlage der Bauern trägt der Hausberg den Namen Schlachtberg.

Der dort befindliche Bach heißt seitdem die Blutrinne, weit das Wasser von dem Blut der hingemetzelten Bauern rot gewesen sein soll.

Thomas Müntzer hatte in ein Haus in der Nähe des Nordhäuser Tores flüchten können. Nachdem er sich auf dem Boden versteckt hat, quartiert sich der Ritter Otto von Ebbe in gerade diesem Hause ein. Sein Knecht durchsucht das Gebäude nach Beute. In einer Ecke auf dem Boden findet er einen offenbar schwerkranken Mann. Sein Gesicht ist nicht zu erkennen, weil der Kopf mit Tüchern umwickelt ist. Er leide an einem hitzigen Fieber und liege schon lange hier bedeutet der Mann dem Knecht.

Der will schon gehen, da fällt ihm eine Tasche auf. Begehrlich durchsucht er sie, findet aber weder Geld noch andere Kostbarkeiten, dafür jedoch Briefe. Der Knecht kann lesen und erkennt, dass es Briefe des Grafen von Mansfeld an die Bauern unter Thomas Müntzer sind. Dem scheinbar Kranken reißt er die Tücher vom Kopf und erkennt in ihm Thomas Müntzer. Auf eine hohe Belohnung hoffend, führt er diesen zu seinem Herren, der ihn den Fürsten übergibt.

Wie wir bereits wissen, blieb Thomas Müntzer standhaft. Am 27. Mai 1525 wurde er mit einigen seiner Anhänger vor den Toren Mühlhausens enthauptet.

Hoffnung auf Befreiung

Auch in der Schlacht bei Frankenhausen zeigen sich typische Verhaltensweisen der Bauern jener Zeit, so zum Beispiel die große Vertrauensseligkeit gegenüber ihren Feinden. Und im Gegensatz zu ihren Unterdrückern war die Mehrheit der Bauern nicht in der Lage, orts- und landschaftsgebundene Interessen zu überwinden und gemeinsam für die antifeudalen Ziele zu kämpfen. Da sie zersplittert blieben, konnten die Fürsten die einzelnen Aufstandsherde nacheinander zerschlagen.

Trotzdem war dieser Kampf nicht vergeblich. Er stärkte die Hoffnung der Ausgebeuteten und Unterdrückten auf ihre Befreiung. Und wie es in den "Thesen über Thomas Müntzer" anlässlich seines 500. Geburtstages heißt, führte er "eine damals schon nahezu zweitausend Jahre alte Tradition der Ausgebeuteten und Unterdrückten weiter, dem Leben in Ausbeutung und Elend, in Unterdrückung, Versklavung und Unterwürfigkeit die Vision von einem neuen Himmel und einer neuen Erde, von einem Reich der Gerechtigkeit und der Gleichheit aller Kinder Gottes entgegenzustellen... Und auch heute wird Müntzer tragende menschliche Vision überall dort von neuem geboren und in anderen Versionen lebendig, wo entrechtete Massen sich zum Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung erheben"

Manfred Kammler (JU + TE 4/1989)


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